Erziehung

„Eltern sind heute immer weniger in guter Hoffnung, sondern vielmehr in banger Erwartung!“

Die Bestsellerautorinnen Sandra Teml-Jetter und Jeannine Mik haben zusammen ein neues Buch geschrieben, in dem sie zeigen, wie wir möglichst angstbefreit und selbstbewusst erziehen können.

Welche Ängste und Sorgen schleichen sich denn in der Erziehung oft ein?
Sandra Teml-Jetter: Ich treffe fast täglich auf Eltern, die Angst haben, ihr Kind könne Schaden erleiden, wenn sie etwas falsch machen würden. Eltern sorgen sich, dass ihre Kinder nicht glücklich sind; aus ihnen nichts „Gescheites“ wird. Eltern fürchten sich freilich vor Unfällen, Krankheiten, Drogen, Sucht. Oder wie es einmal mein Frauenarzt in meiner zweiten Schwangerschaft treffend ausdrückte: Eltern sind heute nicht mehr guter Hoffnung, sondern in banger Erwartung.

Gibt es eine Faustregel für das Überwinden eigener Ängste, damit gewisse Angstmuster nicht an die eigenen Kinder weitergegeben werden?
Der erste Schritt ist immer das Erkennen: „Ah! Das macht mir Angst! Was nun?“ Wenn du bemerkst, dass du Angst davor hast, dass dein Kind auf das hohe Klettergerüst gehen will und dich um Hilfe bittet, damit es auch noch den letzten Meter schafft, dann kannst du – old school – sagen: „Ach, da bist du noch zu klein dafür!“ Oder: „Oh! Das ist mir zu hoch! Soweit bin ich noch nicht!“ Und dann den Willen zeigen, dass du über deine Begrenzungen hinauswachsen willst: „Lass es uns in einem halben Jahr wieder probieren, wenn du größer bist. Vielleicht schaff’ ich es dann. Und in der Zwischenzeit kann das der Papa mit dir machen!“ Dann lernen Kinder, wie WIR mit unseren Ängsten umgehen und dafür Verantwortung übernehmen anstatt sie ihnen über zu stülpen. Das erleichtert sie und macht sie emotional frei.

Wenn alles glatt läuft im Leben, scheint oft auch die Erziehung (fast) ein Kinderspiel zu sein. Was aber, wenn es schwierig wird? Inwiefern hat denn etwa die Corona-Krise unsere Ängste geschürt?
Corona hat uns einerseits Krankheit und Tod näher gebracht, andererseits hat uns die Krise mit vielen neuen bisher nicht gekannten Situationen konfrontiert: Lockdowns, Fremdbestimmung durch Regierungen und Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote. Alles Neue und die Ungewissheit, wie das weitergeht, wann das ein Ende hat, macht Angst. Und in vielen Branchen kam und kommt eine Angst vor der Zukunft dazu: Wird mein Betrieb, mein Lokal, mein Job die Krise überleben? Und im Zwischenmenschlichen: Darf ich dich berühren? Wie nahe darf ich dir kommen? All diese Fragen wollen beantwortet werden und auf viele gibt es keine Antwort und die Unsicherheit bleibt. Das liegt dann in der Familienluft. Je transparenter damit umgegangen wird, umso besser! Ja, es ist unsicher und ja, wir werden alles tun, damit wir das schaffen!

 

Mag. Sandra Teml-Jetter
Familienberaterin, Beziehungscoach

Stichwort Zusammenhalt und Selbstverantwortung also…
Genau. Wenn es Elternpaaren gelingt, ihren Zusammenhalt zu stärken, dann fühlt sich das zu Meisternde nicht mehr so schwer an. Familien stehen und fallen mit dem Zustand der beiden Erwachsenen. Beide Elternteile müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und diese aus ganzem Herzen übernehmen: Die Verantwortung für sich selbst, das eigene Wohlergehen, den eigenen Umgang mit Altlasten und neuem Stress, die Verantwortung für die Qualität der Paarbeziehung, die Klimaanlage der Familie sozusagen und für die Gestaltung eines für die Kinder sicherheitsspendenden Familienrahmens. Das sind enorme private Aufgaben und Herausforderungen – und arbeiten gehen zumeist beide Elternteile auch noch. Deswegen braucht es mehr denn je das Gespräch, eine Flexibilität und manchmal auch ein Coaching, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Ich möchte jedenfalls an dieser Stelle meine Hochachtung und Wertschätzung allen Eltern aussprechen, die zu all dem in den letzten Monaten ihre Kinder auch noch beschulen mussten! Feiert euch, gratuliert euch und seid stolz auf das, was ihr gemeinsam gemeistert habt!

 

Keine Angst, Mama!
Das neue Ermutigungsbuch von Familienberaterin Sandra Teml-Jetter und Bloggerin Jeannine Mik bietet Orientierungshilfe, Reflexionsimpulse sowie Soforthilfen für den Umgang mit Furcht und Panik.
Kösel Verlag, EUR 18,-

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