Moms only

Mein Business – mein Baby

Nach der Karenz wieder zurück in den alten Job? Viele Frauen entscheiden sich dagegen und gründen ihr eigenes Unternehmen. Mit im Gepäck: eine gute Geschäftsidee und der Wunsch, Familie und Beruf besser zu vereinbaren.

Was für ein Riesenhintern, denkt Sibylle Kammerlochner. Soeben Mama geworden ist sie fest entschlossen, für ihr Baby Stoffwindeln zu verwenden. Aber ein dermaßen dickes Paket um den kleinen Babypopo schnallen? Das geht gar nicht, findet die Tirolerin. Sie wird selbst kreativ. „Ich habe mich an die Nähmaschine gesetzt und gesehen: Es gibt auch andere, zuverlässigere Möglichkeiten, ohne Riesenhintern.“ Das war vor fünfzehn Jahren.

Heute verkauft Kammerlochner in ihrem Onlineshop die von ihr entwickelte Stoffwindelmarke, sowie Tragetücher, Kinderkleidung und was Eltern darüber hinaus brauchen können. Sibylle Kammerlochners Weg zum eigenen Unternehmen sei typisch für Mütter, die sich selbstständig machen,sagt Business-Coach Elisabeth Molzbichler. „Es ist oft so, dass sich aus den Dingen, die einem im Elternleben fehlen, eine Businessidee entwickelt.“ Molzbichler, selbst Mutter von drei Kindern, hat Business Moms Austria (www.businessmoms.at) gegründet, ein Netzwerk für Frauen, die zwei Dinge verbindet: Muttersein und berufliche Selbstständigkeit.

 

„Am Anfang eines Business steht immer eine gute Idee. Wenn einen die nicht mehr loslässt, dann würde ich ihr auf jeden Fall nachgehen.“
Elisabeth Molzbichler
Gründerin von businessmoms.at

Riesenthema: Vereinbarkeit

In der Karenz, sagt Molzbichler, entstehe bei vielen Frauen das Bedürfnis sich neu zu orientieren. Und der Wunsch, selbstbestimmt zu arbeiten, unabhängig von einem Arbeitgeber, vor allem, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Auch Umfragen unter Unternehmerinnen und Unternehmern zeigen: Frauen denken Familie und Kinder viel häufiger bei der Unternehmensgründung mit als Männer. „Vereinbarkeit und Flexibilität sind für Frauen Riesenthemen. Nur, mit der Flexibilität läuft es nicht immer so, wie man sich das vorgestellt hat. Ich muss mich als Selbstständige zwar nicht bei meinem Arbeitgeber entschuldigen, wenn mein Kind krank ist und betreut werden muss. Dafür aber bei meinen Kunden.“ Viele Unternehmerinnen würden mehr arbeiten als zuvor im Angestelltenverhältnis. Ein gutes Zeitmanagement – fixe Blöcke reserviert für die Arbeit oder die Familie – sei wichtig, damit man selbst nicht auf der Strecke bleibt. Außerdem: „Viele sind Ein-Personen-Unternehmen und üben dabei mehrere Berufe gleichzeitig aus: Buchhalterin, Grafikerin, Fotografin, PR-Managerin. Da kommt man schon mal ins Strudeln. Mein Rat an die Frauen: Holt euch Hilfe!“

Am Anfang steht eine gute Idee

Ein Unternehmen zu gründen und aufzubauen ähnle stark dem, was Mütter ohnehin tun, meint Elisabeth Molzbichler. „Wenn man sich selbstständig macht, behandelt man sein Business am besten wie ein eigenes Kind. Man bereitet sich vor, geht mit Ernsthaftigkeit an die Sache heran, und macht dann letztlich einen Sprung ins kalte Wasser.“ Wie viel Risiko man dabei eingeht, sei eine Frage des persönlichen Sicherheitsbedürfnisses. Nicht jede Frau ist bereit, ihr Angestelltenverhältnis sofort zu kündigen.

Viele bauen sich ein selbstständiges Standbein neben dem Job auf. Am schwierigsten sei häufig der erste Schritt: „Am Anfang steht immer eine gute Idee. Wenn einen die nicht mehr loslässt, dann würde ich ihr auf jeden Fall nachgehen“, sagt Elisabeth Molzbichler. „Wer merkt, dafür brenne ich, dem empfehle ich, es einfach zu wagen.

„Nur Vorteile“
Als ich damals begonnen habe, Stoffwindeln zu nähen, haben mich bald andere Eltern gefragt, ob ich die auch verkaufe. 2006 habe ich mit dem Onlineshop begonnen und mache heute viel Beratung am Telefon oder per E-Mail. Für mich hat die Selbstständigkeit nur Vorteile. Das Ineinander von Freizeit und Arbeit taugt mir sehr. E-Mails beantworte ich zwischendurch, telefonieren kann ich überall. Dass ich keine sechs Wochen Urlaub habe, häufig nachts arbeite und auch abends um 19 Uhr ein Anruf reinkommen kann, habe ich nie als Problem gesehen. Dafür hatte ich viel Zeit, meine Kinder selbst zu betreuen. Anders wäre es auch nicht gegangen: Bei uns am Land war das Angebot an Kinderbetreuung miserabel und familiäre Unterstützung hatte ich nicht.

Unternehmerin
Sibylle Kammerlochner: verkauft nachhaltige Produkte für Babys in ihrem Onlineshop (www.billeka.com)

„Selbst entscheiden“
Meine Idee ist es, andere Frauen mit Ohrringen glücklich zu machen. Darauf hat mich eine Freundin gebracht, als ich mir nach meinem Umzug von Wien nach Gmunden eine neue Arbeit suchen musste. Dabei hatte ich eigentlich nicht vor, ein eigenes Unternehmen zu gründen – es ist mir irgendwie passiert. Und ich habe gemerkt, dass es gar nicht so kompliziert ist, ein Gewerbe anzumelden. Heute habe ich mehrere Mitarbeiter und arbeite mehr als in einem Vollzeitjob. Ich muss sehr diszipliniert und organisiert sein – sonst geht das Schiff unter. Wenn die Kinder in der Schule und im Hort sind, arbeite ich, dann wieder wenn sie schlafen. Weil ich ein sehr sicherheitsbewusster Typ bin, ist es mir wichtig, alle Fixkosten gut im Blick zu haben. Die Coronakrise hat ja gezeigt, dass es von heute auf morgen alles anders sein kann. Die Flexibilität der Selbstständigkeit ist ein Riesenvorteil. Ich kann selbst entscheiden, welche Aufträge ich annehme, welche Termine ich wahrnehme, wann ich erreichbar bin. Im August zum Beispiel nehme ich mir vier Wochen frei.

Unternehmerin
Elisabeth Limmert: verkauft selbst hergestellten Schmuck (www.lieblingsstueckerl.com)

„Eltern bestärken“
Nach der Karenz meines fünften Kindes konnte ich mir nicht vorstellen, in meinen geregelten Job zurück zu kehren. Ich bin meinem Herzen gefolgt und habe vor drei Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Als Familientrainerin gebe ich Kurse zu Erziehungs- und Partnerschaftsthemen. Dafür brenne ich: Eltern zu bestärken, ihnen zu vermitteln, wie wichtig es ist, auch in die eigene Partnerschaft zu investieren. Klar, am Anfang war ich unsicher, ob die Selbstständigkeit wirklich das Richtige für mich ist. Geholfen hat mir ein Kurs für Neugründer beim Arbeitsmarktservice und die Unterstützung meiner Familie, vor allem die meines Mannes. Er hat mir immer den Rücken gestärkt. Das Mühsamste an der Selbstständigkeit ist, dass ich alleine für alles verantwortlich bin, für das Marketing, die Homepage, die Buchhaltung. Ich liebe die Arbeit mit den Eltern, aber die macht nur einen Bruchteil von dem aus, was sonst noch zu tun ist. Meine absoluten Highlights sind, wenn Eltern kommen und begeistert erzählen, wie ihnen einer meiner Kurse geholfen hat. Dann weiß ich: Es war die richtige Entscheidung.

Unternehmerin
Claudia Umschaden gibt als Familientrainerin Kurse für Eltern zu Erziehungs- und Partnerschaftsthemen
(www.familientrainerin.com)

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Insgesamt 0 Beiträge

Wir setzen Cookies auf dieser Website ein, um Zugriffe darauf zu analysieren, Ihre bevorzugten Einstellungen zu speichern und Ihre Nutzererfahrung zu optimieren. weitere Informationen

The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.

Close