Coronavirus

Zuversicht ist auch ansteckend – Experten-Interview

„Befreien wir uns von der Illusion, alles planen zu können und von der Vorstellung, wie Dinge zu sein haben!“ - Mental- und Kommunikationstrainerin Theresia W. Nestlang erklärt, wie es gelingen kann, an widrigen Umständen zu wachsen und vor allem Kindern vorzuleben, wie wir gestärkt aus der Krise hervorgehen können.

Wieviel Krise ist Kindern überhaupt zumutbar?
Kinder nehmen natürlich die Veränderungen unseres Alltags wahr. Glücklicherweise gehen sie im Gegensatz zu uns Erwachsenen viel offener damit um, weil Kinder von Natur aus ständig am Anpassen sind. Außerdem sind sie Meister in der Emotionsverdauung: Sie fallen hin, lassen ihren Schmerz lautstark raus, um im nächsten Moment OHNE den Schmerz weiter zu machen. Frei nach dem Motto: Schmerz heilt, indem er Raum bekommt.

Klingt so, als könnten wir uns so einiges von den Kindern abschauen?
Absolut. Kinder halten deshalb so viel aus, weil sie verletzlich UND unbesiegbar zugleich sind. Währenddessen Erwachsene grundsätzlich davon ausgehen, perfekt funktionierende Wesen zu sein. Statt unserer Verletzlichkeit Raum zu geben, setzen wir sehr hohe Ansprüche – sogar in Krisenzeiten. Das erhöht den Druck, der ohnehin schon verstärkt gegeben ist. Gerade deswegen ist es so wichtig, den Moment anzunehmen, wie er ist. Das, was sein DARF, kann sich verändern! Natürlich muss ich nicht alle alten Strukturen über Bord werfen. Aber die veränderten Rahmenbedinungen machen uns einmal mehr wieder zu Lernenden. Befreien wir uns vor der Vorstellung, wie Dinge zu sein haben. Geben wir uns nicht der Illusion hin, alles planen zu können. Das Leben war übrigens vor Corona schon ziemlich unvorhersehbar. Und geben wir den Kindern immer wieder die Möglichkeit, selbstwirksam agieren zu können – denn das ist mitunter der Schlüssel zu Resilienz.

Was verstehen Sie darunter?
Etwas aus eigener Kraft bewältigen zu dürfen. Kindern zum Beispiel Raum geben, ihren Alltag möglichst selbst zu gestalten. Je größer die Kinder, umso mehr kann man ihnen zutrauen. Wenn Sie mit einem verstauchten Bein die Stiege rauf müssen, dann ist der Handlauf gut zum Festhalten. Sie werden im Heilungsprozess versuchen, sich Schritt für Schritt von ihm zu lösen. Sie möchten letztlich wieder ohne Hilfe gehen können. Übersetzt heißt das, Hilfe anzubieten ist zentraler, als alles abzunehmen. So entsteht Selbstvertrauen und Zuversicht für neue Wege.

Das klingt in der Theorie so einfach …
Perfekt weiter zu funktionieren und uns am Bestehenden zu klammern, mag auf den ersten Blick leichter sein. In Wahrheit sind wir dann aber ständig gefesselt von Sorgen und nehmen uns diese Chance in dieser schwierigen Situation zu wachsen. Lassen wir uns daher von der Lebendigkeit der Kinder anstecken! Anerkennen wir die Gleichzeitigkeit unserer Gefühle! Also Sorgen nebst Freuden. Lassen wir das Leben im Jetzt zu.

Was aber, wenn die Belastungen so groß sind, dass kaum Lichtblicke möglich sind?
Ein Alltag im Überlebensmodus liefert freilich von sich aus wenig Schönes. Unser Gehirn hat die Tendenz, Sorgen und Ängsten mehr Raum zu geben. Es hat aber gleichsam die Fähigkeit, in seiner positiven Ausrichtung unterstützt zu werden. Dabei geht es um kein Entweder-Oder. Es liegt an uns, selbst in den widrigsten Umständen das Schöne zu erkennen. Unser Ziel sollte es sein, dem immer wieder Raum zu geben. Das kann zum Beispiel beim gemeinsamen Abendessen sein: Jeder erzählt, was heute alles Gutes und auch Schlechtes passiert ist. Oder wir erlauben uns einmal zehn Minuten Uno-Spielen statt verbissen an das Schulprogramm oder den Job zu denken. Es sind zehn Minuten, die den spürbaren Unterschied machen können. Sich auf
die Ideen der Kinder einzulassen, statt sich von der eigenen Überforderung auffressen zu lassen – wir haben letztlich die Wahl. So steigern sich die Momente, die das positive Denken fördern und die uns letztendlich Zuversicht schenken.

 

Theresia W. Nestlang
Als Mental- und Kommunikationstrainerin unterstützt Theresia W. Nestlang Menschen darin, ihre SPÜRkraft zu bestärken, um einmal mehr in Verbundenheit mich sich selbst und anderen zu wachsen. Mehr Infos unter: www.abunDANCER.at

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